Einsiedel die Perle im Zwönitztal
Einsiedel-2

Unser Rathaus gleich nach der Fertigstellung.

100 Jahre sind ein beträchtlicher Zeitraum. Es gibt keine lebenden Zeitzeugen mehr, die sagen können ich weiß aus eigener Anschauung davon. Die gibt es noch über die Zeit der Inflation vor knapp 80 Jahren, aber für 100 Jahre können wir uns nur auf die im Archiv erhalten gebliebenen schriftlichen Unterlagen verlassen. Das Stadtarchiv Chemnitz hat die Gemeinderatsprotokolle der Gemeinde Einsiedel aus diesen Jahren und darüber hinaus vom Rathaus Einsiedel Kostenanschläge, Mietverträge Mängelrügen und dergleichen mehr. Die Einsicht in diese Unterlagen gab mir ein interessantes Bild aus der Zeit vor 100 Jahren und ich möchte im folgenden versuchen, Ihnen einen Eindruck aus dieser Zeit zu vermitteln:
Das Einsiedler Rathaus
Die Gesellschaftsverhältnisse des Jahres 1900 sind für mich schon sehr weit entfernt, es wurde ein kaiserliches Postamt gebaut und es musste das königliche Standesamt untergebracht werden. Wir hatten eine Monarchie mit einem Kaiser in Berlin und einem König in Dresden.
Der Gemeinderat bestand aus dem Gemeindevorstand Seydel, nach dem die Seydelstraße benannt ist, dem Gemeindeältesten Felber, also einer Doppelspitze, wie wir sie 1990 bis 1994 hatten und einem Gemeinderat mit 16 Mitgliedern, genauso wie heute. Er bestand nur aus Herren, in allen Akten treten grundsätzlich die Herren als handelnde Personen auf. Selbständig handelnde Frauen sind in den Einsiedler Gemeinderatsakten nur die Witwen.
Dem Gemeinderat muss man für seine Arbeit auch nach 100 Jahren Anerkennung zollen. Die normale Sitzungszeit war Freitag 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr in 3 wöchentlichen Rhythmus, man brachte es auf 17 bis 20 Sitzungen im Jahr. Die Rechtsausstattung des Gemeinderates ist mit der heutigen durchaus vergleichbar. Der Gemeinderat wurde schriftlich mit einer Tagesordnung eingeladen. Es wurde ein Protokoll verfasst, die Anwesenheit festgehalten, Abstimmungen durchgeführt, bei Bedarf Auszeiten und geheime oder namentliche Abstimmungen gefordert, öffentliche und im damaligen Sprachgebrauch "geheime Sitzungen" für Grundstücks- und Finanzangelegenheiten durchgeführt. Unterschrieben wurden die Protokolle wie heute vom Protokollanten, vom Gemeindevorstand und von 2 Gemeinderäten. Das Protokoll wurde während der Sitzung verfaßt und am Ende mit der noch heute bei den Notaren üblichen Formel "vorgelesen, genehmigt und unterschrieben", an dem Sitzungsabend fertiggestellt. Nach Durchsicht der Protokolle von 1897 bis 1900 kann ich sagen, dass überwiegend zügig beraten und entschieden worden ist.
Die Gemeinde Einsiedel hatte damals fast die gleiche Einwohnerzahl wie heute, etwa 4000 Einwohner, allerdings ohne die heutigen Hauptsiedlungsgebiete. Die Mehrzahl der Einwohner wohnte in Fachwerkhäusern in unmittelbarer Zwönitznähe entlang der Hauptstraße und den unmittelbar an der Zwönitz parallel zur Hauptstraße liegenden Nebenstraßen. Die Berbisdorfer Straße wurde gerade bebaut, alle anderen Gebiete mit der Herrmannstraße, Schollstraße, Siedlung, Eibenberger Straße waren noch weitgehend freies Feld. Infrastrukturell hatte die Gemeinde nach heutigen Maßstäben keine Voraussetzungen für einen solchen Rathausbau. Es gab keine öffentliche Wasserleitung, keine Abwasserbehandlung, kein Gas und keine Elektrizität. Die Straße war sandgeschlemmt mit viel Staub und Schmutz der in das Rathaus hineingetragen wurde. Einsiedel war umgeben von einer Vielzahl kleinerer bis etwa gleich großer selbständiger Landgemeinden, dazu gehörten auch die heutigen Stadtteile Erfenschlag, Harthau, Reichenhain, Oberhermersdorf, Altenhain und Berbisdorf, sowie Eibenberg, Kemtau und Dittersdorf. Sachsen und besonders das Chemnitzer Gebiet gehörten zu den am besten entwickelten Industrieregionen Deutschlands. In Einsiedel gab es damals eine Vielzahl von Industriebetrieben und eine schnell wachsende Bevölkerung
Der Gemeinderat war sich offenbar so sicher, dass ein großes und städtisch anmutendes Rathaus gebaut werden soll, dass dies in den Sitzungen des Gemeinderates gar nicht besonders erwähnt werden muss. Die Vorbereitung und vor allem die Durchführung des Baues erfolgte nach heutigen Maßstäben sehr zügig, man hat in dieser Zeit offensichtlich in rasch wachsenden Größenordnungen gedacht. Zum Rathausbau berät der Gemeinderat Einsiedel nach den Akten erstmalig am 28. Oktober 1898 also knapp 2 Jahre vor der Fertigstellung unter dem Tagesordnungspunkt 7 über den Rat- und Posthausbau.
Ich werde in den folgenden Ausführungen öfters im Originaltext aus den Protokollen zitieren. Die Wortwahl war vor 100 Jahren oft sehr bildhaft. Es wird am 28. 10. festgelegt, einen Kostenanschlag vom örtlichen Baugeschäft Seifert zu fordern. In der gleichen Sitzung berichtet der Vorsitzende des Finanzausschusses über das Gemeindevermögen. Es ist von 1896 zu 1897 um 2500 Goldmark auf 92 000 Goldmark gewachsen. Das Vermögen der Gemeinde und die Kosten des Rathausbaues mit rund 100.000 Mark liegen in der gleichen Größenordnung. In der 17. Sitzung des Gemeinderates am 30. 12. 1898 bietet die kaiserliche Postbehörde in Leipzig eine Jahresmiete von 2300 Mark bei einer Vertragslaufzeit von 24 Jahren an. Die Gemeinde fordert eine Jahresmiete von 2500 Mark bei 5 Jahren Vertragslaufzeit. Es wird festgelegt, dass die Genehmigung des Mietvertrages durch den Gemeinderat erfolgen muss. Am 20. Januar 1899 legt der Gemeinderat in geheimer Sitzung fest, der Post auf halben Wege entgegen zukommen, es wird einer Jahresmiete von 2400 Mark bei 12 Jahren Laufzeit zugestimmt. Im Protokoll steht, dass nach Schluss der Sitzung ein halb 11 Uhr der Mietvertrag noch abgesandt wird. Im Jahr 1899 wird auf Tempo gedrückt der Rathausbau soll beginnen.
In der Sitzung am 03. Februar 1899 wird ein Rathausbauausschuß aus dem Gemeindevorstand Seydel, dem Gemeindeältesten Felber und dem Finanzausschuss Paul gebildet. Der Gemeinderat beauftragt damit offensichtlich seine 3 wichtigsten Mitglieder mit der direkten Vorbereitung des Baues. Am 03. März stimmt der Gemeinderat der erneuten Forderung der Post auf Einhaltung einer Jahresmiete von 2300 Mark zu und legt fest, wegen der geringeren Einnahmen die Kosten für den Rathausbau durch Reduzierung der Unterkellerung des Rathauses zu senken. Herr Paul ist nicht einverstanden und erklärt schriftlich seinen Rücktritt als Bauleiter. Der Gemeinderat bittet ihn nach einer Auszeit einstimmig zu bleiben, er nimmt die Bitte an und bleibt. Am 24. 03. fordert der Gemeinderat die Herren Seydel und Paul auf, sich mit dem königlichen Landbauinspektor Schmiedel in Dresden, der aus Einsiedel stammt, in das Einvernehmen zu setzen, da sein Entwurf für den Rathausbau allgemein anspricht. Am 07. 04. wird zu dem vereinfachten Entwurf des Herrn Schmiedel ein Kostenanschlag von Baumeister Seifert gefordert und festgelegt, dass das Rathaus am 01. 04. 1900 - also in einem Jahr fertig sein soll. In der übernächsten Gemeinderatssitzung am 23. 06. 1899 stimmt der Gemeinderat nach Befürwortung durch die Postbehörde dem Entwurf des Baumeisters Seifert für die Ausführung zu. Es wird festgelegt Kostenanschläge von den Baugeschäften der Umgebung einzuholen, Seifert aus Einsiedel, Hertel aus Dittersdorf, Wenzel aus Harthau und Uhlig aus Burkhardtsdorf. Offensichtlich gab es in jedem größeren Ort ein Baugeschäft, welches in der Lage war, einen Bauauftrag dieser Größe innerhalb eines Jahres fachgerecht zu erfüllen. Bereits eine Woche später kommt der Gemeinderat erneut zusammen um die Zeichnungen zu beurteilen. Die Zeichnung wird für sehr gut befunden und sie soll an die Baubehörde zur Genehmigung eingereicht werden. Baubehörde ist die Amtshauptmannschaft Chemnitz. Am 14. 07. ist reguläre Gemeinderatssitzung und es wird informiert, dass nach Vorliegen der Baugenehmigung der Bau am Folgetag oder am 20. 07. beginnen kann. Diese Hoffnung ging aber nicht auf, in der nächsten regulären Sitzung am 18.08. wird wiederum informiert, dass die Baugenehmigung vermutlich nächsten Montag eingeht. In diesem Fall ist Gemeinderatssitzung am Montag Abend. Die Grundsteinlegung soll vor versammelten Gemeinderat erfolgen. Nach der Grundsteinlegung soll es Festessen geben. Die terminlichen Erwartungen sind offensichtlich wiederum nicht aufgegangen. Am Dienstag, den 22. August kommt der Gemeinderat zu einer Sondersitzung zusammen um die Kostenanschläge der 4 beauftragten Baufirmen zu prüfen. Es liegen nur Angebote aus Einsiedel und Dittersdorf vor. Herr Wenzel aus Harthau will bis Donnerstag liefern und die Burkhardtsdorfer eine Woche später. Es kann damit kein Auftrag erteilt werden. Der Gemeinderat formuliert aber Bedingungen für einen zügigen Bau. Der Auftragnehmer muß Zusichern, sofort mit dem Bau zu beginnen und vor Eintritt des Winters den Bau noch unter Dach zu bringen. Das ist für den 22. August schon eine bemerkenswerte Forderung! Fertigstellungstermin soll der 1. Juli 1900 sein, bei guter Übergabe. Es werden Konventionalstrafen festgelegt, für den 1. Monat 300 Mark, für weitere Monate pro Woche 500 Mark. Die Bezahlung der Bauleistungen soll nach dem Baufortschritt erfolgen, wobei der Baumeister immer mit 5000 Mark als Kaution in Vorleistung gehen muß. Ferner muß der beauftragte Baubetrieb 1000 Mark für die Zeichnungen bezahlen und muß von der Gemeinde bereits 1897 gekaufte Steine aus Rochlitzer Porphyr verwenden. Am Freitag, den 25. August ist wieder Sondersitzung zur Prüfung der Kostenanschläge. Ein viertel 9 Uhr wird die Sitzung eröffnet die Baumeister aus Einsiedel, Dittersdorf und Harthau gehen "voll und ganz auf die Bedingungen des Gemeinderates" ein. Die Kostenvoranschläge sind handgeschriebene mit Detailzeichnungen versehene umfangreiche Werke, der Seifertsche umfaßte 124 Seiten und endet mit 99.000 Mark, Wenzel mit 96.000 und Hertel mit 95 000. Es werden im Gemeinderat Einzelvergleiche geführt und gefordert, einige Tausend Mark "abzuhandeln". 10 Uhr wird 20 Minuten Auszeit beantragt und eine Kommission gewählt die über den Preis mit den Baumeistern verhandelt. Es sind bereits die bekannten Herren Seydel, Paul und Herr Schmidt. Der Gemeinderat möchte dem Einsiedler Baumeister Seifert den Auftrag geben und stellt ihm 2 Bedingungen, er soll zum billigsten Preis des Dittersdorfer Angebotes bauen, also 4000 Mark unter seinem Angebot und er soll Ziegel aus der Ziegelei des Dittersdorfer Baumeisters verwenden. Dann steht "theatralisch" im Protokoll: "Herr Baumeister Seifert wird gerufen, erscheint und erklärt er nimmt Ziegel für einen annehmbaren Preis von Herrn Härtel und er erklärt sich bereit, den Bau für 96 000 Mark auszuführen. ” Man hat also auch hier einen Kompromiss gemacht. Über die Auftragserteilung erfolgt ein Viertel 12 Uhr namentliche Abstimmung, den Bau Herrn Seifert zu überlassen, das Ergebnis ist: einstimmig beschlossen. Damit ist der Auftrag am 25. August 1899 erteilt. Der Rathausbau wird über ein Darlehen der Gemeindeeigenen, erst 1897 gegründeten Sparkasse von 70.000 Mark finanziert. Der Zinsfuß beträgt 4 % und die Tilgung 2000 Mark im Jahr. 4 Wochen später am 22. 09. 1899 wird in der 19. geheimen Sitzung des Gemeinderates das Programm zur Grundsteinlegung festgesetzt. Die Grundsteinlegung wird terminlich festgelegt, in 8 Tagen nachmittags 4 Uhr. Von diesem Gemeinderatsprotokoll 22. September 1899 habe ich 2 Seiten ablichten lassen, um Ihnen einen Eindruck über die Art des Protokolls zu geben, da man sich einlesen muß gestatte ich mir es vorzulesen:
"Einsiedel am 22. September 1899 - Die auf heute anberaumt Gemeinderatssitzung zu welcher sich nebenstehend genannte Herren eingefunden haben, wird vom Vorsitzenden Herrn Gemeindevorstand Seydel abends ein Viertel 9 Uhr eröffnet ...
Links steht anwesend:
Herr Gemeindevorstand Seydel, Herr Gemeindeälteste Felber, Herr Hermann Rößler, Herr Wihelm Otto, Herr Renner, Herr Otto Uhlig, Herr Schober, Herr RiedeI, Herr Schmidt, Herr Aurich (ich denke der Urgroß von unserem Uwe Aurich), Herr Schwalbe, Herr Paul und Herr Nitsche.
Hierauf wird folgendes beraten und beschlossen.
Der Herr Vorsitzende gibt bekannt, dass die Grundsteinlegung heute über 8 Tage vorgenommen werden kann. Vorausgesetzt, wenn nicht besonderes dazwischen kommt. Der Gemeinderat setzt den erwähnten Tag heute über 8 Tage fest. Die Feier soll nachmittags 4 Uhr beginnen. Einladungen hierzu erhalten die Herren Amtshauptmann Dr. Hallbauer, Oberpostdirektor Geiß, Postbaurat Schauerding, Landbauinspektor SchmiedeI, Baumeister Seifert, Schuldirektor Uhlig, Schulvorstandsvorsitzender Schmidt, Postverwalter Langguth, Bahninspektor Petzold, Pastor Pöschmann, Oberförster Mühlmann, Friedensrichter Rößler und Feuerlöschdirektor Leinen.

 Die Feier geschieht in folgender Weise:
1. Weihe Gesang der beiden Gesangvereine
2. Ansprache des Herrn Gemeindevorstandes Seydel, welche mit einem Hoch auf seine Majestät den König gipfelt
3. Verlesung der Urkunde
4. Einlegung der Urkunde und einiger Münzen mit den Bildnissen des Kaisers und des Königs aus dem  Jahre 1899
5. Schlußgesang der beiden Gesangsvereine
6. Gemeinschaftliche Tafel

Die Unkosten der Tafel werden von der Gemeindekasse getragen. Das Gedeck kostet eine 1,75 Mark, auch erhält jedes Ratsmitglied eine Flasche Wein - für die Flasche wird 2 Mark ausgeworfen. Die Regelung der offiziellen Toaste überlässt man dem Herrn Gemeindevorstand. Das Menü besteht aus Suppe, Fisch, Lende und Zunge mit Gemüse und zum Schluss Butter, Käse und Brot. Die Grundsteinurkunde hat der Herr Gemeindevorstand Seydel nach seiner Meinung bereits entworfen und den Herrn Ratsmitgliedern vorgetragen. Einige Herren Mitglieder vermissen die Aufnahme der lokalen Verhältnisse etc. . Herr Gemeindevorstand erklärt ergänzend, dass die erwähnten lokalen Verhältnisse in einer Beigabe oder Beilage aufgenommen werden. In einem 2. Punkt kommt man zur Bausache zurück.
Auf Vorschlag des Herrn Paul ist es notwendig, dass
a) bei der Herstellung der Haustüren nicht 30 cm breite sondern 35 cm breite Auftritte verwendet werden.  Nötig macht sich eine Nachforderung von ca. 100 Mark.
b) Die Abortgrube ist größer herzustellen und
c) um den Schwamm nicht aufkommen zu lassen, empfiehlt es sich unter allen Parterrestuben Asphalt zu  legen, nötig hierbei ca. 300 Mark. "

Dieses Protokoll ist einprägsamer und inhaltsreicher, als das Protokoll zur Rathausweihe selbst, deshalb habe ich dieses vorgestellt. Trotz der längeren Vorbereitung und der sehr kurzen Bauzeit fordert der Gemeinderat noch erhebliche Änderungen des Baues in der Zeit der Bauausführung, so zum Beispiel wird am 11. Oktober beschlossen im Obergeschoss kein Fachwerk, sondern massive Wände zu bauen. Es werden Mehrkosten von 1632,23 Mark genehmigt. Am 02.03.1900 nimmt der Gemeinderat noch einmal Kenntnis von Mehrleistungen und Nachforderungen, am 06. 04. werden Kostennachforderungen des Baumeisters Seifert abgelehnt und am 25. 05. wird entschieden, dass Baumeister Seifert eine Tür auf eigene Kosten nachbessern muß. In der Sitzung am 18. 05. werden Mieten für die Wohnungen des Rathauses festgelegt, sie bewegen sich je nach Größe und Lage der Wohnungen zwischen 120 und 250 Mark im Jahr.
Und jetzt meine sehr verehrten Damen und Herren muß ich Ihnen gestehen, dass ich bei der Durchsicht der Originalurkunden und ich halte die nacheinander gehefteten Gemeinderatsprotokolle unbedingt für authentisch, gemerkt habe, dass die Rathausweihe am 16. Juli 1900 erfolgte. Wir sind damit heute 1 Monat zu früh zusammengekommen. Die Einladungen waren für den aus mehreren Veröffentlichungen bekannten Termin 16. Juni verschickt und am 16. 07. ist Urlaubszeit, so habe ich das Geheimnis bis heute für mich behalten und kann Ihnen nun noch die letzten Informationen geben. Der Gemeinderat berät am 15. 06. über die Fertigstellung des Rathauses und am 29.06. über die Rathauseinweihung und legt in der letzten Sitzung am 10. 07. 1900 in "Stöckels Gasthaus" fest, dass die Rathausweihe nachmittags 4 Uhr am Samstag, d. 16. 07. 1900 erfolgt. Der vom Gemeinderat gesetzte Termin wurde damit um 14 Tage überschritten.
Das Programm ist ähnlich wie bei der Grundsteinlegung, mit Festessen in "Stöckels Gasthaus" auf Kosten der Gemeindekasse, diesmal für 4 Mark, dazu wurde die öffentliche Sitzung extra unterbrochen und in geheimer Sitzung die Höhe festgelegt. Der Gemeinderat hat 12 Jahre in "Stöckels Gasthaus" getagt, Gemeindevorstand Seidel bedankt sich beim Gastwirt und eröffnet die Sitzungen im Rathaus. Stöckels Gasthaus ist der spätere Gasthof Einsiedel, der 1945 den Bombenangriffen zum Opfer fiel. Auf dem Grundstück entsteht gegenwärtig das Feuerwehrhaus. Am 02. 11. 1900 wird der Rathausbau mit Nachforderungen und Mehrleistungen mit 101 461, 62 Mark abgerechnet. Bedingt durch mehrere Sondersitzungen wegen des Rathausbaues wurden im Jahr 1900 22 Gemeinderatssitzungen durchgeführt die letzte am 28. Dezember. Der Rathausbau hat offensichtlich auch in der Nachbarschaft gefallen, es sind Briefe der Gemeindevorstände bzw. Bürgermeister von Siegmar und von Lunzenau in den Akten, die um Baupläne vom Rathaus bitten, weil sie ebenfalls neue Rathäuser bauen wollen. Der schnelle Rathausbau hatte durchaus seine Konsequenzen, bereits 1902 fordert die Post Nacharbeiten in ihren Räumen insbesondere "Ausweißen“ und "Fußbodenarbeiten“. Die Fußböden wurden geölt damit weniger Staub aufwirbelt und "sich auf die Akten niedersetzt." 1920 erhalten die Räume Parkettfußboden und erst 1925 wird das Rathaus an die Elektroenergieversorgung angeschlossen. Die Einzelöfen werden 1920 bis 1925 schrittweise abgelöst und durch eine Dampfheizung ersetzt. Einen zentralen Abwasseranschluß erhält das Rathaus Einsiedel erst 1999.
 

Erarbeitet von Peter Ulbrich, aus Anlass der Feierlichkeiten zum 100 jährigen Bestehen des Einsiedler Rathauses.

zurück zur Zeittafel

zum Hintergrundbild 

über mich 

2015 © Copyright by Bernd Obermaier  Projektstart: 25.07.2000 aktueller Stand vom 03.01.2015
154 Seiten Einsiedler Geschichte,